Fanø Classics 2002
Ausschnitte aus dem in KITES&friends 4-2002 veröffentlichten Artikel
1999 noch als Tetra Meeting ins Leben gerufen, haben sich die Fanø Classics mittlerweile zum festen Bestandteil des Drachenmeetings auf Fanø entwickelt. In diesem Jahr standen die Classics ganz im Zeichen der Edo Drachen – KITE&friends war für Sie mit dabei.
Am Donnerstag fanden knapp 250 Dracheninteressierte den Weg in die Schule von Nordby. Wiederum hatten es die Organisatoren verstanden viele Exponate in die Ausstellung zu bekommen, wobei sowohl klassische Edos als auch Drachen aus modernen Materialien vertreten waren. Und auch Abwandlungen von Edo Drachen stießen auf reges Interesse der Besucher.
Scott Skinner von der DRACHENfoundation brachte verschiedene Edos in klassischer Bauweise von japanischen Altmeistern mit. Hervorragend fanden wir hierbei, dass Scott diese Drachen nicht etwa hinter Glas präsentierte, sondern dazu aufforderte die kostbaren Drachen durch die Reihen gehen zu lassen, sodass sich jeder Drachenfreund genauestens mit der fernöstlichen Technik vertraut machen konnte – im wahrsten Sinne des Wortes Drachenbau zum anfassen.
Scott beließ es nicht nur bei der Präsentation von klassischen Edos, extra für die Classics baute er selbst Drachen aus klassischen Materialien. Eigentlich waren ja vier Edos geplant, bis zum Symposium konnte er jedoch nur drei fertig stellen.
Der Clou bei diesen vier Edos wird sein, dass zwar jeder allein ein Motiv für sich selbst darstellt, zusammen genommen jedoch ein großes Motiv aus den vier einzelnen Edos entstehen wird.
Apropos Serien-Edos. Besonders gefreut hat uns die Tatsache, dass nach längerer Zeit wiedereinmal die „Viertageszeiten“ zu sehen waren. Hierbei handelt es sich um vier Edos, auf denen die vier Tageszeiten abgebildet sind.
Überhaupt scheint die Tendenz bei den modernen Edos in Richtung aufwendiger Applikation zu gehen, wie beispielsweise dem Frauenkopf aus dem Rhein Main Gebiet, dem Euro Edo oder dem 6qm Edo mit einer applizierten Perserkatze.
Die Classics wären aber nicht die Classics, wenn nicht auch über den Tellerrand des Themendrachens hinaus geblickt werden würde.
So reicht die Spanne auch in diesem Jahr wieder von klassischen Edos, über moderne Drachen hin zu ganz innovativen Ideen.
Wie beispielsweise der Edo, der aus 45 CD Rohlingen hergestellt worden ist, oder dem asymmetrischen Charly Brown-Edo.
Neben der Ausstellung sind aber auch die Vorträge auf dem Symposium hervorzuheben.
In diesem Jahr gab es wiederum drei davon.
Den Auftakt machte Scott Skinner unterstützt von Achim Kinther als Dolmetscher.
Scott referierte über die Geschichte des Edos, die verschiedenen Baustile durch die einzelnen Epochen, der Bedeutung der Bemalung eines Edos und stellte Drachen vor, die mit dem Edo verwandt sind.
Scott und auch Achim gebührt ein dickes Lob für diesen hervorragenden und spannenden Vortrag, der zwar locker vorgetragen wurde, jedoch für alle Dracheninteressierte ungemein lehrreich und spannend war.
Im zweiten Vortrag zeigt Holm Struck auf, wie man selbst einen Edo aus klassischen Materialien bauen kann. Bei vielen Drachenbauern herrscht bekanntlich Skepsis, ja Abneigung gegen den Bau eines Edos mit klassischen Materialien vor.
Das dies so nicht sein muss, zeigte Holm anschaulich auf. Holm erzählte über seine eigenen Erfahrungen beim Bau seines Bambus-Edos und sparte nicht mit Tipps und Kniffen. Toll, dass sich ein so versierter Drachenbauer wie Holm nicht im stillen Kämmerlein verkriecht sondern seine Erfahrungen mit anderen Drachenfliegern teilt.
Der letzte Vortrag wurde von Holger Lendla und Willi Koch gehalten und stand in direkter Verlängerung zum Vortrag von Holm Struck.
Denn neben dem Spleißen der Bambusstäbe ist der größte Hinderungsgrund zum Bau eines Edos für westliche Drachenbauer die Waage.
“Fliegende Waage” und “Megaknoten” sind nur einige Spitznamen, die dem Edo anhaften.
Willi und Holger haben dagegen eine Methode entdeckt, wie man auf einfacher Art und Weise eine Edo Waage in gerade einmal 30 Minuten knüpfen kann.
Diese Aussage traf bei den Zuhörern schon auf eine gewisse Skepsis, denn manche von den anwesenden Drachenbauern haben Stunden, wenn nicht sogar Tage, mit der Waage verbracht.
Auch Ralf Dietrich, Organisator der Classics, war nicht recht überzeugt. Doch glücklicherweise wurde sein Katzenedo erst am Tage vor dem Symposium fertig und diesen Drachen fehlte noch die Waage.
So konnte Willi im Anschluss an das Symposium seine Aussage unter Beweis stellen. Würde es gelingen eine 45 Meter lange Waage an einen Edo mit den Massen 300 auf 200cm innerhalb von 30 Minuten zu montieren?
Um es kurz zu machen – es gelang. Und Willi unterbot sogar noch seine Marke, denn er benötigte gerade einmal 26 Minuten und die Waage war fertig.
Der nächste Tag war dann für das gemeinsame Fliegen vorgesehen. War 1999 zuviel Wind, 2000 zuviel Regen und 2001 überhaupt kein Wind, so zeigten sich in diesem Jahr die Wetterverhältnisse zwar nicht perfekt aber dennoch über eine gewisse Zeit von einer besseren Seite.
Ab 11 Uhr war Aufbau, der Strand von den Regengüssen des Vortrages stellenweise noch etwas feucht, aber gegen Mittag frischte dann für eine Stunde der Wind auf sodass die Edo Drachen in die Luft steigen konnten
Und was war dies für ein Anblick! Haben Sie, lieber Leser, schon einmal auf engsten Raum 24 Edos zur gleichen Zeit in der Luft gesehen?
Wir bis dato noch nicht und es war wirklich ein toller Anblick, einer der Höhepunkte unseres diesjährigen Fanøbesuches diese majestätischen Drachen mit ihren silbrig schimmernden langen Waagen vor blauem Himmel ruhig in der Luft stehen zu sehen.
Alles in allem waren die vierten Fanø Classics wiederum ein voller Erfolg. Volle Bude beim Symposium am Donnerstag, mit wunderschönen Ausstellungsdrachen und spannenden Vorträgen, sowie ein toller Ausklang mit dem gemeinsamen Fliegen am Freitag.
Und im Jahr 2003 werden die Classics ganz im Zeichen von Cody stehen!