Samstag Morgen – ich finde den Bescheid eines lieben Freundes auf dem Anrufbeantworter. Und während ich diesen abhöre, klingelt das Telefon schon wieder. Diesmal eine liebe Freundin. Zwei treue Seelen so kurz hintereinander? Das ist schön, aber irgendwo auch beunruhigend. Ich bereite mich auf schlechte Nachrichten vor.

Und so sollte es dann auch kommen. Falk Hilsenbek, mein treuer Freund und Wegbegleiter durch so viele Jahre, Kompagnon in schönen Stunden, Stütze in schweren Zeiten, soll nicht mehr sein. Einfach so aus dem Leben gerissen von hier nach jetzt. Eben noch im Kreise seiner Lieben am Mittagstisch, in der nächsten Minute aus unserer Mitte gerissen.
Ich höre den Bescheid im Telefonhörer. Alleine, ich begreife ihn nicht. Leere, wo der Verstand aussetzt. Jetzt, Stunden später versuche ich das Unfassbare in Worte zu fassen, begreiflich zu machen. Es gelingt nicht.

Als es noch die KITE&friends gab und ich dort ab und an Nachrufe schreiben musste, sagtest Du mir, dass Du Dir wünschen würdest, dass ich Deinen Nachruf verfassen würde. Wir lachten. Wir hatten ja noch so viel Zeit. So unendlich viel Zeit. Fehlanzeige. Zeit ist endlich. Das Leben ist endlich!

Bilder gehen durch meinen Kopf. Bilder unserer gemeinsamen Reise. Bilder von Fanø wo wir zusammen mit Freunden die Fanø Classics aufgebaut und zu einem Umdrehungspunkt der klassischen Drachenszene gemacht haben. Bilder von Dir in Mitten einer der unzähligen Workshops, die Du abgehalten hast. Bilder von Ft. Worden in Washington, auch einer jener Workshops, die wir abgehalten haben. Unvergessen der Abend irgendwo im Olympic Nationalpark, nach einer langen Fahrt durch das Schneetreiben in den Bergen des amerikanischen Nordwestens mussten wir noch Mitten in der Nacht die V8 unserer SUV´s untersuchen – während sich unsere Frauen längst im warmen Hotelzimmer eingekuschelt haben und sich wohl dachten wir bekloppt man sein muss bei solch einem Wetter noch nach Autos zu gucken.
Meine Gedanken schweifen, gehen zurück nach Fanø. Nein, nicht im Juni zum Drachenfest. Diesmal Frühjahr 2019. Wir haben Eva zu Grabe getragen. Gemeinsam. Ich hatte Dich darum gebeten den Trauergottesdienst abzuhalten und Du hast ohne weitere Umstände zugesagt. Hast später die Urne zu Grabe getragen, ich konnte es nicht. Warst da, so wie es Deine Art war, ein wenig im Hintergrund, aber stets stützend zur Seite stehend. Aufrichtend, und ja, wenn es nötig war, auch einen ordentlichen Tritt in den Allwertesten versetzend. Ich habe Dir nie gesagt wie unendlich dankbar ich war und bin, dass Du in jener Zeit für mich dagewesen bist.
In der Trauerrede hast Du einen Satz aus Deinem Adventskalender zitiert. Er kommt mir wieder in den Sinn.
„Das Leben steigen lassen
Die Fäden fest in der Hand halten
Leine geben und Leine einholen
Kurven fliegen und Loopings schlagen
Von Wind tragen lassen
Einen anderen Weg einschlagen, Widerstand spüren
Einen Augenblick mitlaufen, gezogen werden
Loslassen können“
Damals sagtest Du uns, wir müssen lernen loslassen zu können. Eva los zu lassen.
Wir müssen es wieder tun, wir müssen Dich loslassen. Loslassen können.
Es ist schwer, es tut weh, aber es muss sein.
Ich vermisse Dich, werde unsere Gespräche vermissen, Dein Input, Deine Gedanken. Aber ich werde loslassen. Werde loslassen müssen. Das ist der Lauf des Lebens.
Deine Andacht seinerzeit auf Fanø hast Du abgeschlossen mit Lukas 10, Vers 20 – „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“
Ja, lieber Falk, Du hast Recht. Wir sollten uns freuen, dass unsere Namen an der Stelle unseres Ursprunges geschrieben stehen. Wie immer wie auch diesen Ursprung definieren.
Nein, lieber Falk, freuen, dass Du, ich, wir alle irgendwann zu unserem Ursprung zurück kehren kann ich mich nicht. Ich kann es nur akzeptieren. Eben loslassen. Loslassen lernen.
Mach´s gut alter Freund, wo immer Du nun auch sein wirst.

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