In einem früheren Artikel stellten wir Euch die geniale Erfindung des Hamburger Drachentüftlers Wolfgang Schimmelpfennig vor. Endlich eine Weiterentwicklung des guten, alten Parasleds und zudem von Wolkenstürmer in hervorragender Qualität und zu einem guten Preis auf dem Markt gebracht. Der seinerzeit vorgestellte Paralift 3.1 hat jedoch noch zwei Brüder – den Paralift 2.0 und den Paralift 5.6. Und um just diese Familie soll es an dieser Stelle gehen.
Wie gesagt hat Kollege Baxmeyer die 3.1er Version in der vergangenen Ausgabe getestet, weshalb ich an dieser Stelle nicht, wie sonst üblich, mit den technischen Spezifikationen und der Baubewertung beginnen möchte. Von der bautechnischen Seite her sind alle drei Drachen identisch und kommen mit der für Wolkenstürmer typischen, hohen Verarbeitungsqualität daher. Wen also die Geschichte hinter dem Paralift interessiert und mehr zu deren Aufbau wissen möchte, dem sei der Artikel in KITE&friends 02-2016 empfohlen.
An dieser Stelle soll es vielmehr um einen Vergleich der Drachen untereinander gehen. Sicherlich, Wolfgang Schimmelpfennig betont, dass der Paralift nicht nur ein schnöder Lifter ist, sondern durch sein schönes Design auch als Einzeldrachen eingesetzt werden kann. Und ja, Wolfgang hat Recht. Der Paralift ist in der Tat auch einzeln geflogen ein echter Hingucker. Durch seine Formgebung und das darauf abgestimmte Design in Schwarz / Weiss und je nach Grösse des Drachens Gelb, Rot oder Blau macht er auch als Einzeldrachen eine richtig gute Figur in der Luft. Aber einmal Hand aufs Herz. In den meisten Fällen wird der Paarlift dann wohl doch als Lifter verwendet werden. Sei dies für Leinenschmuck, grössere stablose Drachen oder als Träger von KAP Systemen. Was also können wir von den einzelnen Paralifts erwarten und wie schlagen sie sich in Bezug auf ihre Konkurrenten am Markt? Um diese Frage beantworten zu können haben wir neben den Paralifts 2.0, 3.1 und 5.6 noch weitere Drachen mit in den Test genommen. Da ist zum einen der gute, alte Parasled 3.9, der ebenfalls von Wolkenstürmer angeboten wird. Dieser Drachen kann mit Fug und Recht als der VW Käfer unter den Liftern bezeichnet werden, schliesslich ist er schon so lange auf dem Markt, wurde in so vielen Varianten produziert und erfreut sich immer noch einer grossen Beliebtheit. Wolfgang Schimmelpfennig liess sich von diesem Drachen inspirieren und entwickelte hieraus seinen Paralift. Wie schlägt sich also Grossvater Parasled gegen seine jungen Nachkommen? Und dann ist es vielleicht auch einmal sinnvoll über den Tellerrand der Sled Familie hinaus zu schauen und zu untersuchen wie sich der Paralift in Bezug zu reinen Matten schlägt. Aus diesem Grund lassen wir die Paralift Familie gegen die neuesten Vertreter der KAP Foils aus dem Hause HQ Invento antreten.
Der Tatort: der Strand von Fanø nach dem Internationalen Kitefliers Meeting bei einem glatten, auflandigen Wind von 7 m/s. Im Testverlauf ging der Wind immer wieder einmal auf 6 m/s, sodass wir uns am Ende entschlossen von jedem Drachen zwei Testreihen zu machen. Einmal bei 6 m/s und dann nochmals bei 7 m/s. Jeder Drachen wurde an die gleiche Drachenschnur gehängt, nämlich eine Dyneema vom 75 Metern Länge und 90 kp Bruchlast. Alle Drachen wurden möglichst schnell hintereinander durchgetestet um ein möglichst einheitliches Ergebnis zu erzielen. Das heisst Drachen in die Leine gehängt, auf den Zenit gebracht und hintereinander fünfmal die Zugkraft gemessen. Dann Drachen eingeholt, nächster Lifter an die Leine und die Prozedur startet von vorne. Einen ausdrücklichen Dank an dieser Stelle an Kumpel Mirko Wagner, der mich bei der Testreihe unterstützt hat. So nahmen wir also innerhalb recht kurzer Zeit jeweils fünf Messungen bei 7 m/s und fünf Messungen bei 6 m/s pro Drachen ab. Einzige Ausnahmen: beim Paralift 2.0 wollte der Wind bei Messung 4 und 5 einfach nicht mehr auf 6 m/s gehen, während am Ende der Testreihe, bei der KAPfoil 5.0 der Wind nicht mehr auf 7 m/s kam. Alle Ergebnisse wurden in einer Tabelle eingetragen und dann der Durchschnitt aus den Messungen berechnet. OK, zugegeben, am Strand von Fanø hatten wir keinen Laptop dabei sodass erst einmal ein Kugelschreiber und die Verpackung von Wolkenstürmer als Dokumentationsinstrument herhalten musste. Daheim wurden die Werte dann in eine Tabellenkalkulation übertragen.
Die einzelnen Messwerte könnt Ihr aus der auf dieser Seite abgedruckten Tabelle entnehmen und mit einander vergleichen.
Der eigentliche Test ergab zwei Überraschungen, doch bevor ich näher hierauf eingehe, möchte ich noch ein kurzes Fazit zu den Flugverhalten der drei Paralifts liefern. Alle drei Drachen ist gemein, dass sie echte Zugochsen sind. Mit ihnen lässt sich wirklich etwas weg liften und insbesondere die beiden grösseren Modelle stehen auch bei böigen und starken Wind sehr stabil in der Luft. Der kleine Paralift 2.0 kann hier nicht ganz mithalten, denn gerade bei stärkeren Wind neigt diese Konstruktion zum Tänzeln. Kollege Wagner hat dem Junior Paralift diese Eigenart übrigens mit zwei Schwänzen wirkungsvoll abgewöhnt. Und noch etwas sei angemerkt: die Startphase bedarf ein wenig Aufmerksamkeit. Einfach in den Wind halten und Leine geben, wie ich dies von meinem guten, alten Parasled 3,9 gewohnt bin, geht hier leider nicht. Der Paralift macht dann eben doch darauf aufmerksam, dass er ein Vertreter der Staudruck – Drachen ist und just alle Kammern vor einem Start gleichmässig gefüllt haben möchte. Wolkenstürmer legt lobenswerter Weise jedem Paralift eine Anleitung bei, in der auch erleutert wird, wie man diesen Drachen am Besten startet. Hierzu muss aber in die Waage getreten werden. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle noch eine weitere Möglichkeit nennen, die sich auf Fanø hervorragend bewehrt hat: von der Leeseite, also der Wind abgewandten Seite, her an den Drachen treten und den Drachen rechts und links der Mittelkammer weit aufhalten. Abwarten bis sich alle Kammern gut gefüllt haben, dann langsam den Paralift nach oben gleiten lassen, diesen aber immer noch an den Spitzen der beiden Aussenkammern festhalten. Wenn er sich auf den Wind eingependelt hat, beide Kammern gleichzeitig loslassen und der Drachen wird steil in den Himmel schiessen.
Nun aber zu den Eingangs erwähnten zwei Überraschungen: zum einen ist da der Vergleich zwischen dem Paralift und den guten, alten Parasled. Eigentlich hätte ich erwartet, dass eine Neukonstruktion auch ein wenig mehr Lift auf die Waage bringt und den älteren Konkurrenten locker aussticht. Doch nein, beide Drachentypen stehen sich in nichts nach. Der Parasled 3,9 hat ein wenig mehr Zugkraft als der Paralift 3,1 und wesentlich weniger Zugkraft als der grosse Paralift 5,6. Diese Abweichungen können somit auf die Unterschiedliche Grösse der Segel zurückgeführt werden, ein signifikant besserer Auftrieb beim neuen Modell besteht nicht. Damit wir uns recht verstehen – die Leistung von Wolfgang Schimmelpfennig schmälert dies in keiner Weise. Im Gegenteil. Wolfgang ist mit dem Paralift ein wirklich grosser Wurf gelungen, denn endlich sind die für einen Parasled so typischen, und beim Packen ebenfalls so störenden, Mittelstäbe verschwunden. Wolfgang weiss somit die Vorzüge einer Foil, nämlich geringes Packmass, mit denen eines Parasleds zu vereinen.
Überraschung Nummer 2: Vor dem Test hätte ich Haus und Hof darauf verwettet, dass eine KAP Foil eine auf einen Sleddrachen basierende Konstruktion locker abhängt. Wie gut, dass auf Fanø niemand Wetten angenommen hat, denn das wäre übel für mich ausgegangen. In der Realität sieht es nämlich genau umgekehrt aus. Der Paralift 3,1 hängt mit 6,7 kg locker die KAPfoil 3,0 mit 4,5kg ab, während der Paralift 5,6 mit 8,7kg die KAPfoil 5,0 mit 5,9kg im Regen stehen lässt. Ein Ergebnis, dass ich in dieser Deutlichkeit definitiv nicht erwartet hätte!
Fazit: die Paralift Familie macht Freude, richtig Freude. Der kleine 2.0 ist sicherlich nur etwas für kleinen Leinenschmuck oder eben als einfach zu handelnder Einzeldrachen zu fliegen. Die Lifterqualitäten kommen so richtig bei der 3,1er und 5,6er Version zum Vorschein. Hier hat Wolkenstürmer einen echten Allrounder gelandet, der zu einen Bestseller werden könnte. Wenn ich mir irgendetwas von Wolkenstürmer wünschen dürfte, dann eine 8er Version, welche die Paralift Familie nach oben hin abrunden würde. Denn dann hätte ich auch einen Drachen zur Verfügung, der bei mittleren bis schwachen Winden die grossen Stablosen in den Himmel bekommt. Ansonsten lassen diese Drachen aus der Sledfamilie nun wirklich keine Wünsche mehr offen.