18. – 21. 3.2004
Ganz oben im äussersten Nordwesten der Vereinigten Staaten, dort wo sich Elch und Bär gute Nacht sagen, liegt Port Townsend. Ein kleiner Ort, idyllisch gelegen direkt am Puget Sound, dem Sund zwischen den Metropolen Seattle auf amerikanischer und Vancouver auf kanadischer Seite.
Port Townsend beherrbergt Ft. Worden, ein altes amerikanisches Fort aus dem Jahr 1890, das zusammen mit zwei weiteren Anlagen in früheren Zeiten die Meerstrasse des Puget Sounds bewachen sollte. Die beiden anderen Artillerie-Festungen sind im Laufe der Zeit verschwunden, Ft. Worden wurde nach dem ersten Weltkrieg zu einer Trainings- und Lehranstalt des amerikanischen Militärs umgebaut um 1950 dann endgültig ausser Dienst gestellt zu werden. Zu dieser Zeit wurde die Anlage von “Washington State Parks” übernommen und so einem ruhigen, abgeschiedenen Konferenzcenter umgebaut.
Szenenwechsel – 1983 machten sich ein paar Drachenflieger aus der Seattle Region Gedanken, wie man die lange Zeit des Winters sinnvoll überbrücken könnte. Herausgekommen ist der Wunsch nach einem gemeinsamen Workshop im nächsten Jahr.
In Ft. Worden wiederum waren perfekte Lokalitäten gegeben und so verwundert es wenig, dass diese Veranstaltung zu einem richtigen Erfolg geworden ist. Zum nunmehr 21. Male organisierte die Gruppe um Presidenten Steve Millspaugh die Kitemakers Conference und auch in diesem Jahr kann man nur den Hut vor dieser Organisation, die einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung gewährleistete, ziehen – einer Veranstaltung, die immerhin über vier Tage läuft
Der Donnerstag ist hierbei der Anreise vorbehalten. Nach dem allgemeinen “Hallo” geht es zur Anmeldung bei Dawn und Sam. Die Beiden haben sich in diesem Jahr etwas ganz Besonderes einfallen lassen, schliesslich ist für viele amerikanische Drachenfreunde Ft. Worden so etwas wie der Himmel auf Erden. Also betrat man in diesem Jahr zur Anmeldung nicht etwa nur einen schnöden Raum und sagte sein Sprüchlein auf, nein, man schritt durch eine Himmelspforte und wurde von Dawn und Sam in Engelskostümen begrüsst. Mit solch himmlischen Beistand beglückt, konnten sodann die Zimmer bezogen werden. 160 Teilnehmer konnte die Kitemakers Conference im übrigen in diesem Jahr zählen.
Am Freitag dann ging die eigentliche Veranstaltung so richtig los. Insgesamt 25 Workshops wurden an den kommenden 2 ½ Tagen gehalten. Die Themen waren so reichhaltig und abwechslungsreich, wie die Drachenfreunde, die als Referenten eingeladen wurden. Primär kommen die Referenten aus den Vereinigten Staaten, es werden aber auch ein Teil Drachenbauer aus Übersee eingeladen.
Einer dieser Drachenfreunde aus Übersee ist ein guter Bekannter aus deutschen Landen. Ralf Maserski reiste in diesem Jahr aus Dortmund an um den amerikanischen Freunden die Bauweise seiner 3D-Flachdrachen nahezubringen. Ralf bereitete bereits in Deutschland seinen Workshop grossartig vor, sodass am Abend alle Workshop Teilnehmer mit einem Box-Tower nach Hause gehen konnten.
Ebenfalls deutschsprachig, wenngleich nach Dänemark gezogen, ist Ralf Dietrich, der in Ft. Worden einer Klasse zeigte, wie die Gummibärchen gebaut werden.
Und noch ein alter Bekannter fand den Weg nach Washington – Robert Bransington aus Tasmanien, der im letzten Jahr auf Fanø einen hervorragenden Workshop zu seinen Kathedraldrachen abhielt, zeigt nun in den Vereinigten Staaten, wie sein Bird-Kite gebaut wird.
Ebenfalls weit gereist waren Orlando Ongkingco von den Phillipinen und Phil Scarfe aus England. Orlando zeigte, wie könnte es anders sein, phillipinische Drachenbaukunst, während der Parafoil Experte von den britischen Inseln vorführte wie Parafoils in Deltaform gebaut werden. Aber auch die amerikanischen Drachenbauer haben keinen Grund sich hinter ihren ausländischen Kollegen zu verstecken. JoAnn Weber und Dian Butler deckten dabei den künstlerischen Rahmen ab. Während JoAnn im Kurs “Dancing with Picasso” aufzeigte, wie eine Idee, die von Zeit zu Zeit in den Köpfen von Drachenbauern herumspukt, mit einfachen, künstlerischen Mitteln auf einem Drachen umgesetzt werden kann, kamen die Freunde der Seidenmalerei bei Diane Butler auf ihre Kosten.
Kathy Goodwind ist sicherlich vielen Drachenfreunden auch in Europa ein Begriff. In Ft. Worden wurde man in die Geheimnisse ihres Swindon Stars eingeweiht.
Ebenfalls Kastendrachen, wenngleich in einer ganz anderen Dimension, wurden im Workshop von Dan Kurahashi gebaut. Hier wurde Washipapier zugeschnitten und Bambus auf feinste Durchmesser geschnitzt. Nach einem halben Tag harter Arbeit, waren die Ergebnisse zu besichtigen: ein Extended-Cody mit einer Spannweite von gerade einmal 15 Zentimetern.
Noch härter wurden die Teilnehmer im Workshop von Bill Bigge rangenommen, mussten sie doch von morgends bis spät in die Nacht schuften. Das Ergebnis spricht jedoch für sich, denn die Teilnehmer bauten aus Kohlefaserstäbchen, Folie und vielen Kleinteilen, einen wundervollen Flieger für leichte Winde, der sowohl als Drachen als auch als Flugmodell eingesetzt werden kann.
Neben all diesen wundervollen Workshops ist aber auch die soziale Komponente von Ft. Worden hervorzuheben. Sicherlich, der Teilnehmer ist hauptsächlich in diversen Workshops beschäftigt, daneben bleibt aber reichlich Zeit durch die verschiedenen Gebäude zu wandeln und bei anderen Workshops vorbeizusehen, mit anderen Drachenfreunden zu plauschen oder aber sein Werk auf dem Paradeplatz auszuprobieren. Ja – und ganz bestimmt nicht vergessen werden darf die Raffle, dem amerikanischen Pendant zur europäischen Versteigerung. Ron und Marla Miller organisieren Jahr für Jahr diese Veranstaltung innerhalb der Kitemakers Conference, die jeweils nach den Mahlzeiten durchgeführt wird und zur Deckung der Reisekosten der ausländischen Gäste beträgt. Und so funktioniert die Raffle: das Jahr über werden grosse und kleine Dinge rund um Drachen der Conference gespendet. In Ft. Worden dann werden die Drachendinge in einem eigenen Raum ausgestellt. Bei Ron und Marla wiederum kann man sich Lose kaufen – vier Stück zu einem Dollar. Ist man an einem Drachen oder einer Drachensache interessiert, wirft man Lose in die Papiertüte der jeweiligen Sache. Je mehr man an einer Drachensache interessiert ist, je mehr Lose wird man in die Tüte werfen. Jeweils nach einer Mahlzeit kommen eine bestimmte Anzahl von Drachensachen zur Ausschüttung – die Sache wird aufgerufen, ein Los aus der Tüte gezogen und schon wechselt ein Drachen, ein Buch oder sonst ein Drachending seinen Besitzer. Knapp 800 Sachen wurden in diesem Jahr gespendet, Marla und Ron verkauften sage und schreibe über 40.000 Tickets und so kamen über 10.000,00 Dollar für die Reisekosten der ausländischen Instrukteuere im nächsten Jahr zusammen.
Und wenn Ihnen die Gebäude in Ft. Worden irgendwie bekannt vorgekommen sind – richtig – Richard Gere und Debra Winger suchten und fanden sich schliesslich in Ft. Worden im Filmclassicer der 80er “Ein Offizier und Gentleman”
Und hier gibt es noch ein paar Impressionen von unserer anschliessenden Reise durch Washington…
[…] Die deutsche Bauanleitung der Gummibärchen findet sich an dieser Stelle.Die englische Bauanleitung der Gummibärchen findet sich hier. Ein Bericht von der Kitemakers Conference in Ft. Worden 2004 könnt Ihr hier lesen. […]